Prozessführung und Prozessvermeidung – Rechtsanwalt Marius Breucker über den „besten Zivilprozess“

„Der beste Zivilprozess ist – der nicht geführte!“, sagt Rechtsanwalt Dr. Marius Breucker aus der Kanzlei Wüterich Breucker in Stuttgart. Ein Paradoxon, wenn man bedenkt, dass die Kanzlei auf Zivilprozesse spezialisiert ist und jedes Jahr hunderte von Verfahren führt.

„Der zweitbeste Prozess ist der gewonnene, der schlimmste der unerwartet verlorene“ ergänzt er und zieht einen Vergleich mit der Medizin: Zur „Früherkennung“ ist am besten in der Lage, wer die pathologischen Fälle aus eigener Anschauung kennt. „Prozessführung und Prozessvermeidung, Forensik und Vertragsgestaltung schließen sich nicht aus, sondern bedingen einander“.

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Vorrang der Konfliktvermeidung

Eine gute Vertragsgestaltung vermeidet Konflikte. Und aus jedem geführten Prozess ergeben sich Erkenntnisse, wie vergleichbare Streitigkeiten künftig vermieden werden können. „Mit dem Zivilprozess ist es ein bisschen wie mit der Zahnbehandlung: Am besten ist, man braucht sie nicht. Und in beiden Fällen geht nichts über eine rechtzeitige professionelle Prophylaxe“, formuliert Breucker. Das ist im Alltag manchmal mühsam und kostet zunächst einen gewissen Aufwand, den sich viele Unternehmen gerne ersparen. Mittel- und langfristig zahlen sich eine strategische Rechtsberatung und eine professionelle rechtliche Gestaltung aber aus.

„Entscheidend für den Mandanten ist, dass sein Problem möglichst schnell, einfach und kostengünstig gelöst wird“, weiß Marius Breucker, und ergänzt: „Hierfür ist ein Prozess oft nicht der beste Weg.“ Je früher man ansetzt – möglichst schon bei der Vertragsgestaltung -, desto größer die Chance, dass Konflikte erst gar nicht entstehen. Auch wenn im Laufe einer Geschäftsbeziehung Schwierigkeiten auftreten, sind außergerichtliche Lösungen oftmals noch möglich – und für beide Seiten attraktiver als der Gang vors Gericht.

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Prozessvorbereitung

Wenn sich ein Prozess trotz aller Bemühungen nicht vermeiden lasse, so müsse er nicht nur mit aller Konsequenz geführt, sondern vor allem gut vorbereitet werden. Professionelle Prozessführung bedeutet nicht zwangsläufig, „harte Bandagen“ anzulegen. Im Gegenteil: „Ein guter Zivilprozess wird mit dem Florett geführt, nicht mit dem Dampfhammer“. Nach dem bewährten Motto „suaviter in modo, fortiter in re“ – verbindlich im Ton, hart in der Sache – gilt es, das Gericht und im besten Fall auch die Gegenseite von den eigenen Argumenten inhaltlich zu überzeugen. Im Vorfeld gilt es, den Sachverhalt zu erarbeiten und durch Beweise abzusichern. Dies erfordert Arbeit und Akribie. „Auch im Zivilprozess wurde vor den Sieg der Schweiß gesetzt“, sagt Marius Breucker. In erster Linie gilt dies für den Anwalt, der sich in den Sachverhalt einarbeiten und die Rechtslage nach allen Seiten abklopfen muss. Bis zu einem gewissen Grad muss aber auch der Mandant mitwirken, namentlich wenn es um den Sachverhalt und die Beweismittel geht. Aufgabe des Anwaltes ist es, durch gezielte Fragen eine effektive Aufbereitung des Tatsachenstoffs zu ermöglichen. Die Konzentration auf das rechtlich Wesentliche erspart dem Mandanten Zeit und Nerven. „Es genügt nicht, den Sachverhalt entgegenzunehmen, in einen Schriftsatz zu transformieren und dann zu warten, was das Gericht sagt“.

Transparentes Fallmanagement

Anspruch des Zivilprozessanwalts muss es sein, dem Mandanten gleichsam als „Fallmanager“ einen Fahrplan an die Hand zu geben, mit dem er sicher durch die oftmals verworrenen und für den Außenstehenden schwer verständlichen Wege eines Zivilprozesses geleitet wird. Entscheidend ist eine frühzeitige, realistische Chancen-Risiko-Einschätzung. Der Anwalt muss sämtliches juristisches Rüstzeug liefern, muss den Mandanten aber auch auf die mit einem Zivilprozess immer verbundenen Unwägbarkeiten hinweisen, um ihm eine ganzheitliche Abwägung zu ermöglichen. Hierzu gehören neben juristischen Aspekten auch wirtschaftliche Überlegungen und psychologische Faktoren. Ein rechtzeitig abgeschlossener Vergleich kann in der Aufwand-Nutzen-Relation weitaus günstiger sein als ein in mehreren Instanzen nach Jahren mühsam errungener „Sieg“.

Anwaltsstrategien im Zivilprozess

Anwaltsstrategien im Zivilprozess

„Für die Zufriedenheit des Mandanten ist natürlich das wirtschaftliche Ergebnis von entscheidender Bedeutung, daneben aber auch – und mehr als manche denken – die Gewissheit, in einem transparenten, fairen Verfahren in angemessener Zeit zu einem guten Ergebnis gekommen zu sein“, ergänzt Marius Breucker. „Gut“ ist ein Ergebnis nicht zuletzt, wenn es für den Mandanten nachvollziehbar ist und im Vorfeld zumindest ins Kalkül gezogen wurde. Breucker widmet sich dem Zivilprozessrecht neben seiner Tätigkeit in der Kanzlei Wüterich Breucker auch als Arbeitsgemeinschaftsleiter für Rechtsreferendare im Zivilprozessrecht und als Prüfer im Zweiten juristischen Staatsexamen. In Publikationen im Stuttgarter Richard Boorberg Verlag erläutert Marius Breucker den Ablauf eines Zivilprozesses und gibt Hinweise für eine erfolgreiche Verfahrensgestaltung.

Viele Unternehmen gehen mittlerweile den Weg, durch rechtzeitige Einschaltung von Kanzleien gleichsam als „externe Rechtsabteilungen“ den Schwerpunkt auf die Vermeidung von Konflikten und nicht auf deren nachträgliche, oft mühsame Auflösung zu legen. Dass Prozessanwälte eines Tages arbeitslos werden könnten, befürchtet Breucker aber nicht: „Zum einen kann auch der beste Vertrag nicht alle Eventualitäten vorhersehen; zum anderen sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt, wenn Unternehmen unter Druck geraten. Dann werden immer – auch von ehrbaren Kaufleuten – Wege gesucht, wie man sich seinen Verpflichtungen entziehen oder seine Belastungen reduzieren kann.“ Auch in solchen Situationen lassen sich aber mit kreativer rechtlicher Beratung oft Lösungen finden, an die man auf den ersten Blick nicht gedacht hat. Rechtsanwalt Marius Breucker, dem seine Anwaltstätigkeit sichtlich Freude macht, fasst es so zusammen: „Zivilprozesse möglichst vermeiden, unvermeidbare gewinnen!“.

 

Dr. Marius Breucker

Dr. Marius Breucker

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